In der Presse #13

"Wir müssen neu verhandeln"

12. Mai 2005

Sachsen-Anhalt: Staatssekretär Willems über die Finanzierung der Gemeinden

 

Her Willems, was hat Sie veranlasst, den Staatsvertrag jetzt neu zu verhandeln?

Willems: Das Kabinett hat beschlossen, den Staatsvertrag jetzt zu verhandeln, weil die Auseinandersetzungen zwischen dem Landesverband und der Synagogengemeinde Halle weiter eskaliert ist. Zudem ist die vom Landesrechnungshof im Dezember 2002 festgestellte Fehlentwicklung nicht oder nur zum Teil behoben worden.

Bei Neuverhandlungen wollen Sie die liberale Gemeinde zunächst außen vor lassen, heißt es. Deren Anliegen ist doch wohl der Grund für die Neuverhandlung?

Willems: Das trifft so nicht zu. Zum Auftakt der Verhandlungen über den Staatsvertrag möchte ich die Vertreter des Landesverbandes, wie die Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinden Magdeburg, Dessau und Halle sowie den Vorsitzenden der liberalen Synagogengemeinde Halle einladen. Ich bin daran interessiert, daß nicht der Eindruck entsteht, wir wollten über die Köpfe einzelner Beteiligter hinweg verhandeln.

Sie wollen klarere Kriterien festlegen. Wie sollen die aussehen?

Willems: Die Landesregierung will zunächst mit den Vertragspartnern in Gespräch kommen, um gemeinsam einen Verteilungsmodus für die Staatsleistungen von derzeit 1.073.300 Euro im Jahr zu finden, mit dem alle Beteiligten und alle Gemeinden in Zukunft leben können. Es muß die Frage der Vertragspartnerschaft geklärt werden, damit nicht einzelne Gemeinden ihre Ansprüche gegenüber dem Land unmittelbar geltend machen können. Dann wird es um die Mittelverteilung und die Frage einer unabhängigen Prüfeinrichtung gehen. Die jüdische Gemeinschaft muß selbst ein Interesse daran haben, auch in Hinblick auf die öffentliche Auseinandersetzung, die Verwendung der Mittel zu dokumentieren.

Die liberale Gemeinde Halle ist nicht Mitglied im Landesverband. Auf welcher Grundlage kann sie dann aber überhaupt Mittel aus dem Staatsvertrag beanspruchen?

Willems: Es wird zu klären sein, wie man sie an den staatsvertraglichen Leistungen beteiligen kann. Das Oberverwaltungsgerichtsurteil läßt den Schluß zu, daß die liberale Synagogengemeinde Halle Anspruch auf Leistungen hat. Es besteht die Möglichkeit, entweder über die Vertragspartnerschaft Landesverband eine Lösung zu finden, oder aber die liberalen Gemeinden bilden einen eigenen Landesverband und wir schließen einen entsprechenden Vertrag wie in Schleswig-Holstein ab. Grundsätzlich wäre es gut, wenn der Landesverband Ideen entwickelte, wie er mit neugegründeten Gemeinden umzugehen gedenkt.

Haben Sie über Halle mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland gesprochen?

Willems: Wir haben von Beginn an Kontakt mit Vertretern des Zentralrats. Das war uns sehr wichtig. Insbesondere der Generalsekretär hat stets seine Unterstützung zugesagt. Er hat uns auch Mut gemacht, uns nicht durch persönlich Angriffe verunsichern zu lassen.

Mit dem Kultusstaatssekretär des Landes Sachsen-Anhalt, Winfried Willems, sprach Heide Sobotka.

Quelle:
Jüdische Allgemeine, 12. Mai 2005 (Printausgabe)


 

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