In der Presse #7

Streit um Landesmittel
geht in nächste Runde

19. Dezember 2004

Landesverband zahlt trotz Urteil kein Geld - Neuer Prozess?

von Steffen Könau

Halle/MZ. Alles ist entschieden im Streit um die Zuwendungen des Landes an die Jüdischen Gemeinden. Und doch ist nichts geklärt. Zwar hatte das Oberverwaltungsgericht in Magdeburg den Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Sachsen-Anhalt vor einem Monat dazu verpflichtet, vom Land zur Verfügung gestellte Mittel mit der liberalen Gemeinde in Halle zu teilen. "Bislang macht der Landesverband überhaupt keine Anstalten", klagt Karl Sommer von der Synagogengemeinde.

Obwohl das Oberverwaltungsgericht als letzte Instanz geurteilt habe, verweigere der Landesverband die Zahlung, indem er haltlose Forderungen stelle. "Offensichtlich will man das Urteil nicht verstehen." Danach sei eine Prüfung der Synagogengemeinde durch den Landesverband nicht mehr vorgesehen. "Unsere Mitgliedschaft im Weltverband der liberalen Juden ist völlig ausreichend."

Max Privorozki, Chef der orthodoxen Gemeinde in Halle und Mitglied im Landesvorstand, sieht das ganz anders. Der Landesverband verweigere nicht etwa eine Zahlung, sondern knüpfe die Auszahlung an bestimmte Kriterien. "Ehe wir einen Bescheid ausstellen können", sagt er, "brauchen wir Informationen." So müsse die Synagogengemeinde eine beglaubigte Kopie ihrer Satzung vorlegen, Protokolle der Wahlversammlungen offen legen und Angaben zur Zahl ihrer Mitglieder machen. "Dies ist bisher nicht geschehen."

Und geht es nach Karl Sommer, wird es dabei auch bleiben. "Eine solche Überprüfung unserer Gemeinde durch den Landesverband lehnen wir grundsätzlich ab", versichert er. Aus seiner Sicht befinde sich der Landesverband seit Anfang Dezember in Zahlungsverzug. "So dass wir über gerichtliche Zwangsmaßnahmen nachdenken."

Vor Gericht will indessen auch der Landesverband wieder gehen - diesmal mit Unterstützung des Zentralrates der Juden in Deutschland. Weil die Gefahr bestehe, dass das Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Magdeburg Trittbrettfahrer auf den Plan rufe, die unter Verweis auf "willkürliche internationale jüdische Organisationen" einen Anteil an den Staatsvertragsgeldern fordern, sagt der Zentralratsvorsitzende Paul Spiegel, sei man gezwungen, Verfassungsbeschwerde einzulegen.

Durch das Urteil von Magdeburg und ein vorausgegangenes vom Bundesverfassungsgericht würden Spaltungstendenzen in der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland befördert. "Niemand wird von mir verlangen können, dass ich dabei tatenlos zusehe", sagte Spiegel der "Jüdischen Allgemeinen".

Eine aufschiebende Wirkung habe eine solche Beschwerde jedoch nicht, ist sich Max Privorozki im Klaren. "Deshalb sind wir daran interessiert, so schnell wie möglich alle Unterlagen zu bekommen, um zahlen zu können." Sommer jedoch traut dem nicht. In einem Gespräch mit dem Kultusministerium will die Synagogengemeinde am Dienstag darauf dringen, ihren Anteil aus den Staatsvertragsmitteln künftig direkt vom Land überwiesen zu bekommen.

Quelle:
Mitteldeutsche Zeitung, 19.12.2004


 

Zurück zur Übersicht