In der Presse #3

Liberale jüdische
Gemeinde gewinnt Streit

14. November 2004

Die Synagogengemeinde zu Halle an der Saale hat laut einem Gerichtsurteil Anspruch auf staatliche Leistungen. Andere liberale jüdische Gemeinden in Deutschland könnten nun auch Förderung erhalten.

Im Streit um staatliche Förderung von jüdischen Gruppen in Deutschland hat das Oberverwaltungsgericht Magdeburg ein wichtiges Urteil gefällt. Die Richter entschieden, dass die Synagogengemeinde zu Halle an der Saale anspruchsberechtigt für Leistungen nach dem Staatsvertrag ist, den der Landesverband Jüdischer Gemeinden in Sachsen-Anhalt mit dem Bundesland Sachsen-Anhalt abgschlossen hat (Az: 2 L 339/98).

In der Berufungsverhandlung stellten die Richter klar, dass eine Mitgliedschaft der Synagogengemeinde im Landesverband bei der Verteilung von Staatsgeldern unerheblich sei, weil der Status einer jüdischen Gemeinde durch die Weltunion für progressives Judentum bescheinigt worden war.

Staatsvertrag

Das Gericht verwies zudem auf einen Passus aus dem Staatsvertrag von 1994. Demnach sollen bei der Vergabe der staatlichen Mittel auch solche jüdischen Gemeinden berücksichtigt werden, die nicht dem Landesverband angehören.
Das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht geht auf eine Klage von 1997 gegen den Landesverband der jüdischen Gemeinden in Sachsen-Anhalt zurück. Damit wollte die Hallenser Gemeinde ihre Beteiligung an den Landeszuschüssen durchsetzen, die sich ihrer Ansicht nach aus dem Staatsvertrag von 1994 ergeben.

Entscheidung gilt rückwirkend

Die Entscheidung der Verwaltungsrichter gilt nach Informationen der Netzeitung rückwirkend. Der Landesverband muß deshalb damit rechnen, die entgangenen Förderungen aus den Vorjahren an die liberale jüdische Gemeinde Halle zu erstatten. Das Land Sachsen-Anhalt muß zudem die angemessene Beteiligung der liberalen jüdischen Gemeinschaft sicherstellen, hieß es weiter. Eine Revision gegen dieses Urteil wurde demnach nicht zugelassen.
Der Streit um staatliche Förderung hatte sich innerhalb der jüdischen Gemeinschaft vor wenigen Monaten auch auf Bundesebene zugespitzt. Der Zentralrat der Juden in Deutschland hatte sich vehement dagegen gewehrt, den Dachverband der liberalen jüdischen Gemeinden, die Union der progressiven Juden in Deutschland, an staatlichen Zuwendungen zu beteiligen. Im Sommer lenkte der Zentralrat ein und versprach die Union künftig nicht mehr auszugrenzen.

Weltunion sieht Präzedenzcharakter
Die Weltunion für progressives Judentum fordert indessen, dass das Verwaltungsgerichts-Urteil auch anderen liberalen Gemeinden zugute kommen muss, die bislang ebenfalls von staatlicher Förderung ausgeschlossen sind. «Dieses Urteil sollte Präzedenzcharakter auch für andere Bundesländer erhalten», sagte ein Sprecher der Weltunion der Netzeitung. (nz)

Quelle:
NETZEITUNG.DE, 14.11.2004


 

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