In der Presse #11

Land droht mit Aus
für den Staatsvertrag

04. Mai 2005

Jüdische Gemeinden: Zuschüsse sollen neu verteilt werden

von Steffen Könau

Magdeburg/Halle/MZ. Der Staatsvertrag zwischen dem Land und den jüdischen Gemeinden in Sachsen-Anhalt soll neu verhandelt werden. Damit will die Landesregierung den Streit um die Verteilung von Zuschüssen unter den jüdischen Gemeinden beenden.

Der Streit um die Aufteilung von Geld des Landes unter den jüdischen Gemeinden in Sachsen-Anhalt spitzt sich zu. Nach einem Kabinettsbeschluss soll der Staatsvertrag zwischen Land und Landesverband der Jüdischen Gemeinden neu verhandelt werden. Scheitern die Gespräche, sagte Kultusstaatssekretär Winfried Willems, sei auch eine einseitige Kündigung der Vereinbarung möglich. Der Vertrag galt bei Abschluss 1994 als beispielhaft für ganz Deutschland.

Bei den Verhandlungen soll es um die Aufteilung der Landeszuschüssen zwischen dem Landesverband und den orthodox geprägten Gemeinden Halle, Magdeburg und Dessau einerseits sowie der liberalen Synagogengemeinde Halle andererseits gehen. Hintergrund ist ein Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Magdeburg vom vergangenen Jahr. Nach jahrelangem Rechtsstreit hatten die Richter damals befunden, dass die Synagogengemeinde ein Recht darauf hat, in gleichem Maße in den Genuss der staatlichen Zuschüsse aus dem Staatsvertrag zu kommen. Der Landesverband, in dem die liberale Gemeinde nicht Mitglied ist, verweigert allerdings weiterhin entsprechende Zahlungen.

"Wir haben den Landesverband bereits im Sommer vergangenen Jahres dringend gebeten, die Synagogengemeinde zu beteiligen", sagt Winfried Willems, "aber passiert ist nichts". Deshalb strebe das Land an, die Kriterien, nach denen die jährlich rund 750000 Euro vom Landesverband verteilt werden, klar zu formulieren. Gleichzeitig solle geklärt werden, wie künftig eine unabhängige Finanzkontrolle über die Gemeindefinanzen gesichert werde. Hier hatte ein Prüfungsbericht des Landesrechnungshofes vor zwei Jahren Verschwendung von Mitteln in großem Maßstab aufgedeckt, zumindest die orthodoxe Gemeinde Halle aber will die Prüfergebnisse bis heute nicht anerkennen.

Von anstehenden Neuverhandlungen über den Staatsvertrag weiß Max Privorozki nichts. Es gebe keine Information darüber und keine Einladungen. "Aber wenn es so kommt", sagt der Chef der Gemeinde Halle, die derzeit gegen den Landesrechnungshof prozessiert, um den Prüfbericht zu kippen, "werden wir uns natürlich mit an den Tisch setzen."

An dem beansprucht auch Karl Sommer einen Platz. "Es kann nicht sein, dass wieder über unsere Köpfe hinweg geredet wird", fordert der Vorsitzende der Synagogengemeinde eine Einladung ein. Winfried Willems allerdings plant die erste Verhandlungsrunde ohne die liberalen Juden aus Halle: "Gesprochen werden wird mit den Gemeinden, die derzeit Staatsvertragsmittel bekommen."

Quelle:
Mitteldeutsche Zeitung, 04.05.2005


 

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